Im alten Dorf Döberitz lebte einst ein ganz besonderes Wildschwein: Susi. Zahm wie ein Hund, wurde sie im Jahr 1923 vom Platzaufseher Wachtmeister Oskar Schneider großgezogen – doch das kam so:
Bei einem Pirschgang in der Jungfernheide stieß Schneiders Hündin Hella auf einen verirrten Frischling. Treu brachte sie ihn ihrem Herrn, der sich des kleinen Tieres annahm. Die ersten Tage verweigerte es jedes Futter, doch mit Geduld und Löffelmilch gelang es Schneider schließlich, das Tierchen zu füttern. Es bekam den Namen Susi.
Mit der Zeit wurde Susi zutraulich, lernte schnell und wurde zu Hellas bestem Freund. Die beiden waren unzertrennlich, teilten sich sogar das Lager. Bald schon begleitete Susi ihren Herrn auf seinen Reviergängen – sogar ins Gasthaus und zu Offiziersgesellschaften. Sie hörte auf ihren Namen, gehorchte aufs Wort – wie ein wohlerzogener Hund.
Susi wurde sogar zur Filmdiva! 1924 berichtete die „B.Z. am Mittag“ von den Dreharbeiten in der Zeppelinhalle Staaken: Für eine Szene brauchte man ein Wildschwein – eines, das auf Kommando lief. Susi meisterte ihren Auftritt im Sturmregen mit Bravour. Die Zeitungen waren begeistert von der „filmenden Wildsau“.
Auch nach Schneiders Ausscheiden blieb Susi in Döberitz, nun betreut von Oberjäger Linz, der ebenso ein Herz für sie hatte. Trotz gelegentlicher Ausflüge in die Wildnis kehrte sie stets heim – bis Weihnachten 1927. Da hatte sie sich verliebt – und wurde Mutter.
An Karfreitag 1928 gebar Susi vier Frischlinge. Zwei Töchter, Liese und Lotte, blieben bei ihr. Gemeinsam lebten sie im Gatter des Schlossparks, ungestört und glücklich. Jeden Abend suchten sie im Schafstall Schutz und streiften tagsüber durch Wald und Wiese.
Doch das Leben hielt eine Überraschung bereit: Am 1. September 1929 wurde Susi Großmutter. Liese brachte sechs gestreifte Frischlinge zur Welt. So wuchs die kleine Schweinefamilie weiter – mitten im beschaulichen Döberitz, wo eine zahme Wildsau einst zum Star wurde.